Für unsere Zwecke reicht es aus, zwei mehr oder weniger unterschiedliche Garprinzipien zu unterscheiden:
a) Wir bringen ein Stück Fleisch auf eine bestimmte Kerntemperatur und dann ist es fertig.
Wichtig: KAUFEN SIE SICH EIN BRATENTHERMOMETER! Eine mehr als lohnenswerte (günstige) Investition.
b) Langes Garen bei einer bestimmten Temperatur (schmoren oder in Wasser köcheln lassen)
Je nach Beschaffenheit des Fleischstücks eignet sich die erste oder die zweite Methode besser. Bevor jetzt Experten und Hobbyköche aufjaulen ob dieser Vereinfachung: ja, viele Wege führen nach Rom, und man bekommt ein gutes Stück Fleisch auf viele verschiedene Arten köstlich gar (siehe auch das Rezept „Gefüllter Schweinebauch“ von Heinz Wehmann). Darum ist Kochen ja so kreativ und spannend.
An dieser Stelle soll es aber nur darum gehen, zwei gangbare Wege aufzuzeigen, die mit ziemlicher Sicherheit zu einem sehr guten Ergebnis führen. Jedenfalls ausreichend gut für einige unserer befreundeten Sterneköche, von denen wir die Tipps haben. Wer eigene Erfahrungen und Anregungen teilen will: herzlich gerne! Wir freuen uns auf Kommentare und veröffentlichen sie gerne.
a) Auf Kerntemperatur bringen: gut geeignet für alle Braten, Koteletts (schön dick geschnitten) und Schnitzel
Einziges Prinzip hier: Beim Erreichen einer bestimmten Kerntemperatur ist das Fleischstück fertig (Temperaturangaben stehen in den Rezepten). Wie lange es dauert, hängt von Faktoren wie der genauen Form oder Größe des Fleischstücks, der Gartemperatur und der Ausgangstemperatur (z.B. direkt aus dem Kühlschrank oder schon nahe Zimmertemperatur) des Fleischstücks ab. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass viele Haushaltsbacköfen nur ungenau steuern und im Backraum nicht unbedingt die Temperatur haben, die eingestellt wurde, wird klar, warum Rezeptangaben wie „2 Stunden bei 180°C“ eher zufällig funktionieren.
Viel wichtiger ist, das Fleisch möglichst schonend zu behandeln. Dies bedeutet vor allem, Temperaturschocks so gering wie möglich zu halten. Also:
1. Fleisch nicht direkt aus dem Kühlschrank in die Pfanne/Ofen, Sondern bei Zimmertemperatur etwas anwärmen lassen.
2. Runter mit der Gartemperatur und dafür lieber eine längere Garzeit in Kauf nehmen. Wer sehr geduldig ist, kann bei 80°C garen (weiter runter sollte man nicht gehen, weil sich dann Keime vermehren könnten); diese Gartemperatur bringt so gut wie immer ein optimales Ergebnis. Nachteil: Es dauert …
Ein guter Kompromiss zwischen kürzerer Gardauer und niedriger Hitze ist je nach Fleischstück eine Temperatur von 110–120°C. Für noch höhere Temperaturen braucht es schon wirklich gute Gründe bzw. ein erprobtes Rezept. Das Problem bei zu hoher Hitze ist, dass sich die Fleischfasern zusammenziehen – was dann wiederum wesentlich schlechtere Ergebnisse bringt bzw. im Extremfall den Braten ruiniert.
3. Braten auf jeden Fall mindestens 10 Minuten ruhen lassen, entweder bei 50°C im Ofen oder in Alufolie eingepackt. Dabei verteilen sich die Fleischsäfte im Braten und werden im Fleisch gebunden, laufen also beim Anschneiden nicht aus. Die Zeit lohnt sich!
4. Schnitzel/Koteletts, die in der Pfanne gegart werden, unbedingt panieren. Sie bleiben so bedeutend saftiger und werden auch zarter. Auch hier: eher bei mittlerer als bei hoher Hitze garen. Als Bratfett eignet sich zum Beispiel eine Mischung aus gutem Olivenöl und Butter hervorragend. Auf keinen Fall raffinierte Öle verwenden.
b) Köcheln lassen in Wasser
Eignet sich vor allem für Eisbein, Bauch und Dicke Rippe. Diese Fleischstücke benötigen eine bedeutend längere Kochzeit, um gar zu werden.
Man setzt die Fleischstücke mit kaltem Wasser auf. Ein paar Gewürze hinein wie zum Beispiel Lorbeer, Pfefferkörner, Piment und Gemüseabschnitte (Karotten, Zwiebeln – was man halt so im Kühlschrank findet). Einmal kurz aufkochen und bei 80–90°C ziehen lassen. Auf keinen Fall kochen, sondern gerade unter dem Siedepunkt halten. Das dauert je nach Dicke ein paar Stunden. Vorteil: Man kann zwischendurch immer mal ein wenig probieren, ob das Fleisch schon gut ist.
Und dann: Fleisch vorsichtig herausnehmen, ab aufs Backblech, evtl. mit etwas hochwertigem Olivenöl beträufeln und die Grillfunktion des Ofens anschalten. Dann in kurzer Zeit eine schöne Kruste draufbrutzeln. Oder in der Pfanne bei hoher Hitze kurz anbraten.
Wen die ganzen molekularbiologischen Hintergründe interessieren, dem sei folgendes Buch von Thomas Vilgis wärmstens empfohlen: „Die Molekül-Küche. Physik und Chemie des feinen Geschmacks“